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2. Tag in Istanbul – zwischen Bosporus, Basar & Taksim

Mit den Öffis durch Kağıthane – ein neuer Versuch

Der zweite Morgen in Istanbul begann erstaunlich unspektakulär: Aufstehen, morgendliche Dusche, Kaffee, ein kleines Frühstück. Die Sonne meinte es gut, die Temperaturen auch – also wieder runter die steile Straße zur Hauptverkehrsachse, mitten hinein in das vibrierende Chaos Kağıthanes. Und falls du unseren Ankunftstag verpasst hast: Hier erzählen wir, wie wir überhaupt in dieses Chaos geraten sind – unser erster Tag in Istanbul.

Wir waren fest entschlossen, heute endlich bis zum Bosporus zu kommen. Schließlich hatten wir uns ja am Tag zuvor mit stolz geschwellter Brust die Istanbulkart geholt – und jetzt wollten wir sie auch benutzen. Also liefen wir von Bushaltestelle zu Bushaltestelle, studierten die Anzeigetafeln wie Archäologen auf der Suche nach einer antiken Inschrift … und verstanden gefühlt nichts.

Manchmal stand ein Bus in 2dk da, manchmal in 38dk, und manchmal änderte sich die Anzeige schneller, als wir sie lesen konnten. Welche Linie wohin? Warum kommt der eine Bus heute, aber morgen nicht? Und warum fährt die Linie 41ST gefühlt überall hin – außer dahin, wo wir hinwollen?

Unerwartete Begegnungen am Park – Omas in Kletterlaune

Auf der Suche nach dem richtigen Bus kamen wir erneut am Park von gestern vorbei. Und wieder spielte sich dasselbe, leicht surreale Schauspiel ab: Menschen, die über einen hohen Zaun kletterten, obwohl der reguläre Eingang nur 150 Meter entfernt lag. Und diesmal war wirklich alles vertreten – Kinder, Eltern, Großeltern, ganze Familienverbände, die geschlossen entschieden hatten: Warum Umwege laufen, wenn man auch elegant über Gitter steigen kann?

Familie in Istanbul klettert über einen hohen Parkzaun statt den nahen Eingang zu nutzen
Warum den Eingang nehmen, wenn man auch über den Zaun kann?

Keine Ahnung, ob das eine lokale Tradition ist oder einfach ein stiller Protest gegen städtische Wegeplanung – aber wer in Istanbul in einen Park will, scheint notfalls halt die direkte Route zu wählen. Wir standen daneben, sahen zu, wie der nächste Dreijährige unter der Latte durchkrabbelte und die Oma hinterherstieg, und dachten nur: Okay. Der Eingang ist offenbar optional. Istanbul überrascht – täglich, stündlich, minütlich.

Schließlich wechselten wir die Straßenseite und fragten jemanden direkt, wie man denn nun am besten mit den Öffis zum Bosporus kommt. Ein hilfsbereiter Istanbuler empfahl uns schließlich die App Moovit – „damit findet ihr jeden Bus“, meinte er. Also gut, Appstore auf, laden, öffnen. Und dann: Menü, Berechtigungen, Standortfreigabe, Konto anlegen, irgendwas mit Push-Infos … ganz ehrlich: Nach zwei Minuten hatten wir das Gefühl, wir bräuchten erst ein Fernstudium, bevor wir überhaupt eine Haltestelle sehen und dann noch diese lästige Werbung. Für eine simple Busfahrt war uns das dann doch zu viel App-Bürokratie.

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Öffentliche Verkehrsmittel in Istanbul: Moovit als digitale Hilfe

Die App Moovit wird in Istanbul häufig empfohlen, wenn es um die Orientierung im städtischen Nahverkehr geht. Sie zeigt Routen, Bus- und Metrobuslinien, Ankunftszeiten und Umstiegsmöglichkeiten an. Moovit ist sowohl als App (iOS/Android) als auch browserbasiert nutzbar.

Wichtig zu wissen:

  • Die kostenlose Version enthält umfangreiche Werbung, die die Nutzung etwas verzögern kann.
  • Einige Funktionen (z. B. Favoriten, Verlauf, bestimmte Live-Infos) erfordern eine Anmeldung.
  • Moovit bietet zudem ein kostenpflichtiges Abo Moovit+, das u. a. eine werbefreie Nutzung freischaltet.

Für gelegentliche Verbindungen ist Moovit hilfreich, für intensivere Nutzung können Google Maps oder ein Taxi-/Ride-Service wie Uber oft die stressfreiere Alternative sein. Moovit lässt sich vollständig in deutscher Sprache nutzen. Das macht die Orientierung gerade für Erstbesucher in Istanbul deutlich einfacher.

Mit dem Uber zum Bosporus – unser zweites Mal im Taxi-App-Universum

Und dann fiel mir ein: Ich habe ja in München beim Camperkauf das erste Mal ein Uber-Taxi benutzt. Warum also nicht jetzt auch hier in Istanbul? Wie diese allererste Fahrt ablief – inklusive Nervenkitzel und Premieren-Chaos – könnt ihr hier nachlesen: Unser erster Tag mit dem neuen Camper.

So wurde aus dem chaotischen Öffi-Abenteuer ein sehr entspannter Plan: Uber-App geöffnet → Taxi bestellt → fünf Minuten später stand das Auto vor uns. Kein Suchen, kein Rätseln, kein Zaunklettern (für uns jedenfalls). Und schon rollten wir Richtung Bosporus.

Uber-Taxi fährt durch einen gelb beleuchteten Tunnel in Istanbul, Blick aus dem Fond auf Fahrer und Armaturenbrett
Mit dem Uber durch Istanbul – unser zweites Mal im Taxi-App-Universum

Die Uber-Fahrt war dann der entspannendste Teil des ganzen Vormittags. Keine zehn Minuten unterwegs, knapp sieben Kilometer später – und zack, standen wir schon am Bosporus. Der Preis: 268,40 Türkische Lira. Beim damaligen Wechselkurs von etwa 1 zu 47 sind das rund 5,70 Euro. Für 5,70 Euro bekommst du in Deutschland nicht mal ein freundliches „Guten Tag“ vom Taxifahrer, geschweige denn eine Fahrt. In Istanbul dagegen wirst du für kleines Geld quer durch die Stadt katapultiert. Ich sag mal so: Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir uns das Bushaltestellen-Sightseeing vielleicht sparen können.

Ankunft am Bosporus – Sonne, Verkehr und erste Eindrücke

Gelbe Taxis fahren vor dem Vodafone Park Stadion in Istanbul vorbei
Ankunft vor dem Stadion von Beşiktaş auf der eine Seite
Blick auf das monumentale Tor des Dolmabahçe-Palastes in Istanbul
auf der anderen Seite – ein prachtvoller erster Eindruck am Bosporus

Bevor wir uns überhaupt irgendeinem Boot näherten, mussten wir uns – ganz wichtig – erstmal stärken. Istanbul läuft schließlich nicht weg, aber unser Blutzuckerspiegel vielleicht schon. Also kaufte ich am Dolmabahçe-Palast ein paar frisch geröstete Kastanien, die dort gefühlt an jeder Ecke duften wie ein eingebauter Snack-Wecker. Kurz darauf gab’s noch Melonen als Erfrischung hinterher, weil warme Kastanien bei 30 Grad eine durchaus… mutige Entscheidung sind.

Jugendlicher isst ein Stück frische Melone am Bosporus in Istanbul
Ein süßer Zwischenstopp während unseres Istanbul-Tages

Auf der Suche nach dem richtigen Anleger – kleine Irrwege inklusive

Mit ausreichend Energie machten wir uns dann auf die Suche nach dem richtigen Anleger für die Bosporus-Rundfahrt. Zuerst landeten wir allerdings am falschen Terminal – dem auf dem Foto –, wo die regulären Stadtfähren nach Eminönü ablegen. Drehkreuze, LED-Anzeige, Menschenmenge – sah alles hochgradig offiziell aus. Wir dachten kurz, das sei die touristische Bosporus-Tour. Falsch gedacht. Hier kommt man schlicht von A nach B, nicht rauf und runter über den Bosporus. Also weitergelaufen. Keine 100 Meter später fanden wir dann den richtigen Schalter, den mit dem typischen „Touristen willkommen – bitte hier bezahlen“-Charme.

Mario steht am Bosporus und richtet seine Kappe in der Sonne von Istanbul
Ein erster Moment zwischen Sonne, Verkehr und Vorfreude
Ausflugsboot Kaptan Nazmi Alev am Anleger in Istanbul, kurz vor Beginn der Bosporus-Rundfahrt
Kaptan Nazmi Alev am Anleger in Istanbul

Die nächste Rundfahrt sollte um 14 Uhr starten, also holten wir uns zwei Tickets und hatten noch ausreichend Zeit, bevor es aufs Wasser ging. Und diese Zeit nutzten wir – wie könnte es anders sein – wieder zum Essen. Wir suchten uns ein Restaurant, setzten uns hin und beschlossen, den Tag nicht mit Sightseeing, sondern konsequent mit Nahrungsaufnahme anzugehen. Ein bisschen Bosporus, ein bisschen Mittag – eine durchaus ausgewogene Mischung.

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Mit der Fähre von Europa nach Asien – zuverlässig, günstig und ganz ohne Touri-Chaos

Wenn du nicht auf einer Bosporus-Tour landen willst, sondern einfach nur schnell und entspannt von der europäischen auf die asiatische Seite (oder zurück) möchtest, dann nutze die öffentlichen Fähren der Şehir Hatları.
Die gehören zu Istanbuls Nahverkehr, fahren regelmäßig, kosten fast nichts und sind perfekt zum Überqueren des Bosporus — ohne Händlergeschrei, ohne Verwirrung, ohne „Special Price only today!“.
Die aktuellen Fahrpläne, Preise und Abfahrtsorte findest du hier: Fähren-Istanbul

Mittagspause vor der Rundfahrt – Bosporus & Et Iskender

Wir bestellten Et İskender, ein klassisches türkisches Fleischgericht aus dünn geschnittenem Rind- oder Lammfleisch, das auf in Tomatensauce getränkten Brotwürfeln liegt, dazu eine großzügige Portion Joghurt und – in dieser etwas ungewöhnlichen Variante – Pommes, die ebenfalls komplett in der Soße baden durften. Auf der Karte stand das Ganze mit 420 TL, was beim damaligen Tageskurs von 1 € ≈ 47 TL ziemlich genau 9 Euro entspricht – ein überraschend günstiges Mittagessen für eine Lage unweit des Dolmabahçe-Palasts.

Et Iskender mit Tomaten, Pommes und cremigem Joghurt auf ovalem Teller, dazu gerolltes Fladenbrot im Hintergrund
Unser kräftiges Mittagessen vor der Bosporus-Rundfahrt

Optisch war das Ganze ehrlich gesagt etwas gewöhnungsbedürftig – der Teller wirkte eher wie „wild angerichtet” als wie „fotogenes Foodblog-Material“. Aber: essbar war es auf jeden Fall, und geschmeckt hat’s besser, als das Foto vermuten lässt. Manchmal sollte man einem Gericht einfach nicht ansehen, wie es schmeckt. Unsere einstündige Bosporus-Rundfahrt – oder: ein Schiff, das sich Mühe gab

Endlich am Anleger – bereit für die Bosporus-Tour

Gestärkt, gesättigt und mit einem Blutzuckerspiegel, der uns theoretisch bis Kappadokien hätte tragen können, standen wir endlich am Anleger für die berühmte Bosporus-Rundfahrt. Eine Stunde lang über eines der meistbefahrenen Gewässer der Welt schippern – was kann da schon schiefgehen? Spoiler: Nichts. Aber es gab einiges zu beobachten.

Kaum hatten wir das Boot betreten, begann die typische Bosporus-Choreografie: Menschen suchen Plätze im Schatten, finden keine, setzen sich dennoch hin, stehen nach fünf Minuten wieder auf, weil der Blick doch nicht gut genug ist, wechseln die Seite, wechseln wieder zurück und merken dann, dass genau dort, wo sie ursprünglich saßen, eigentlich der beste Platz gewesen wäre. Klassisches Hafenkino.

Ortaköy-Moschee am Bosporus mit vorbeifahrendem Ausflugsschiff in Istanbul
Einer der schönsten Postkartenblicke Istanbuls

Ablegen und erste Eindrücke – Istanbul vom Wasser aus

Das Boot legte ab – und plötzlich lag Istanbul wie ein endloser Geschichtsbuch-Wälzer vor uns. Nur mit mehr Verkehr. Links: Asien. Rechts: Europa. Dazwischen: wir – und ein Boot, das sich tapfer gegen sämtliche Strömungen und Handyfotos behauptete.

Der Bosporus selbst ist ein bisschen wie ein Laufsteg für Architektur:
„Und hier sehen Sie links eine Moschee in Beige – die Modefarbe des Jahres! Rechts daneben moderne Glasfassaden, die miteinander um die Wette blenden. Und davor ein kleines Fischerboot, das sich fragt, warum gerade heute alle vorbeikommen.“

Brücken, Paläste und Yalı-Villen – die große Bosporus-Kulisse

Natürlich durfte die 15.-Juli-Brücke nicht fehlen – diese gigantische Verbindung zwischen zwei Kontinenten. Während wir darunter hindurchschipperten, fragte ich mich kurz, wie viele Leute wohl jeden Tag darüber fahren, ohne sich bewusst zu sein, dass sie gerade Europa verlassen oder wieder betreten. Wahrscheinlich alle.

Dann kamen die Paläste. Dolmabahçe hatten wir ja schon zu Fuß gesehen. Vom Wasser aus wirkt er noch größer, noch imposanter – ungefähr so, als hätte jemand gesagt: „Mach’s ein bisschen pompös.“ Und der Architekt antwortete: „Okay, aber nur ein bisschen.“ Und dann ist es komplett eskaliert.

Rumeli Hisarı, die mittelalterliche Festung am europäischen Bosporusufer
Die imposante Festung aus dem 15. Jahrhundert

Als nächstes glitten wir an unzähligen Yalı-Villen vorbei, den ikonischen osmanischen Holzhäusern direkt am Wasser. Wirklich traumhaft. Also traumhaft für diejenigen, die eins besitzen. Für alle anderen bleibt es bei „schön ansehen, weiterfahren“.

Historische Yalı-Villen am Bosporusufer in Istanbul
Elegante Holzhäuser direkt am Wasser
Küçüksu-Palast am Bosporus mit dekorativer Freitreppe und Uferpromenade
Ein filigranes Juwel osmanischer Architektur

Alltag auf dem Bosporus – Schiffe, Möwen und Stadt-Sandwich

Zwischendurch fuhr uns das ein oder andere Containerschiff entgegen. Der Bosporus ist ja nicht nur Fotokulisse, sondern auch eine der wichtigsten Schifffahrtsstraßen der Welt. Vom Ausflugsschiff sieht man erst, wie eng das eigentlich ist. Würde man hier selbst am Steuer stehen, man würde vermutlich sofort rückwärts einparken wollen, obwohl das gar keinen Sinn ergibt.

Auch die Möwen waren wieder voll im Einsatz – offenbar gibt es Schiffe, die bekannt dafür sind, unterwegs Brot auszugeben. Unseres nicht. Das führte dazu, dass die Möwen beim Start kurz euphorisch mitflogen, dann aber, wie enttäuschte Restaurantgäste, abdrehten, nachdem klar wurde: „Ah, die ohne Buffet.“

Die Aussicht aufs Wasser, die Skyline, die Hügel – Istanbul hat von oben betrachtet keine echte Ordnung, und genau das macht es so faszinierend. Alles wirkt gleichzeitig historisch, chaotisch, modern und improvisiert. Ein bisschen wie ein Stadt-Sandwich, bei dem jemand vergessen hat, die Zutaten symmetrisch zu stapeln.

Panoramablick vom Bosporus auf die Çamlıca-Moschee und die hügelige asiatische Seite Istanbuls
Ein Panorama zwischen Wasser, Hügeln und einer der größten Moscheen der Türkei

Nach rund einer Stunde legten wir wieder an. Wir waren nicht unbedingt schlauer über die Stadt, aber deutlich entspannter. Und ein bisschen sonnenverbrannt. Und hungrig, obwohl wir vorher eigentlich satt waren. Klassische Rundfahrt-Nebenwirkungen.

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Was du auf einer Bosporus-Rundfahrt garantiert erlebst

  1. Eine Burg, die aussieht, als hätte ein mittelalterlicher Festungs-Fan kurz die Kontrolle verloren.
    Rumeli Hisarı thront direkt am Wasser – beeindruckend, überdimensioniert und völlig unbeeindruckt von all dem Verkehr um sie herum.
  2. Mindestens drei architektonische Stilrichtungen pro Kilometer.
    Osmanische Holzhäuser, Glasfassaden, Paläste, moderne Luxusvillen – Istanbul spielt „Alles auf einmal“.
  3. Möwen, die dich bewerten.
    Erst fliegen sie hoffnungsvoll mit, dann merken sie, dass dein Schiff kein Brot verteilt – und verlassen dich wie enttäuschte Restaurantkritiker.
  4. Eine Wasser-Autobahn mit Vorfahrtsregeln, die keiner kennt.
    Tanker, Fähren, Yachten, Fischerboote, Ausflugsschiffe. Alle fahren gleichzeitig. Keiner bremst zuerst.
  5. Fotos, die immer leicht gegen die Sonne sind.
    Aber egal – Hauptsache, man war dabei. Der Bosporus verzeiht vieles, Schatten aber selten.
  6. Paläste, die aussehen, als hätte jemand unbegrenztes Budget und gute Laune gehabt.
    Dolmabahçe wirkt vom Wasser aus noch monumentaler – und noch weniger bescheiden.

Was du auf einer Bosporus-Rundfahrt garantiert nicht siehst

  1. Ein ruhiges, leeres Gewässer.
    Der Bosporus ist keine idyllische Bucht – er ist eine vielbefahrene Wasserstraße mit Dauerbetrieb.
  2. Schiffe, die pünktlich ablegen, weil du pünktlich bist.
    Hier gilt: Abfahrt, wenn genug Menschen an Bord sind – oder wenn der Kapitän Lust hat.
  3. Touristen, die wissen, auf welcher Seite der beste Blick ist.
    Links, rechts, wieder links – das Seitensprung-Theater gehört einfach dazu.
  4. Möwen, die aus reiner Freundlichkeit mitfliegen.
    Wenn kein Brot kommt, sind sie weg. Geschäft ist Geschäft.
  5. Ein einziges Foto ohne mindestens ein fremdes Boot im Bild.
    Auf dem Bosporus fährt immer jemand durchs Bild – meistens groß und laut.
  6. Menschen, die leise staunen.
    Hier wird kommentiert, erklärt, geraten, gedeutet – oft gleichzeitig.
  7. Eine geordnete Skyline.
    Palast, Glasfassade, Villa, Lagerhalle – Istanbul ist architektonisches Improvisationstheater. Und genau das macht den Reiz aus.

Zurück im echten Istanbul – Menschen, Moscheen und der XXL-Alltag

Kaum waren wir von der Bosporus-Rundfahrt runter, standen wir wieder mitten drin im echten Istanbul – und zwar in der XXL-Version. Menschen soweit das Auge reicht, von „gemütlich schlendernd“ bis „auf direktem Kollisionskurs“. Und über all dem thronen Moscheen, große Moscheen, kleine Moscheen, Moscheen mit vielen Minaretten, Moscheen mit noch mehr Minaretten – gefühlt besteht Istanbul zu 70 Prozent aus Moscheen, 20 Prozent aus Menschen und 10 Prozent aus Straßenlärm.

Dichte Menschenmenge in einer belebten Einkaufsstraße in Istanbul mit Burger-King-Schild im Hintergrund.
Zwischen Trubel, Farben und endlosen Menschenströmen

Unser nächster Weg führte – wie sollte es anders sein – nicht zu einem historischen Bauwerk, sondern zu Burger King. Und zwar nicht wegen Burger, Cola oder Fritten, sondern wegen etwas viel Weltlicherem: der Toilette. Diese öffnet sich allerdings nur, wenn man den heiligen Zugangscode besitzt. Hm. Also kauften wir eine Portion Pommes frites – quasi das Eintrittsticket ins stille Örtchen. Pommes bezahlt, Code bekommen, Tür offen. Moderne Welt in drei Schritten: Pay. Code. Go.

Vom stillen Örtchen zur Galatabrücke – ein kleiner Istanbul-Sprint

Frisch erleichtert und wieder offiziell gesellschaftsfähig, stellten wir uns an die nächste Bushaltestelle. Wir waren ja inzwischen stolze Besitzer einer Istanbulkart – also so etwas wie die VIP-Eintrittskarte ins Chaos des Nahverkehrs. Der Bus kam erstaunlich schnell, wir piepten uns durch das Drehkreuz und fuhren Richtung Eminönü, dort, wo die Galatabrücke, die Fischstände und der ganze Trubel rund um den Markt beginnen.

An der Galatabrücke standen die Angler in perfekter Formation an der Brüstung, als hätten sie feste Arbeitszeiten: stundenlanges Starren auf die Wasseroberfläche, zwischendurch mal ein Zug an der Zigarette, dann wieder konzentierter Blick auf die Angelschnur.

Angler stehen dicht gedrängt auf der Galatabrücke in Istanbul und werfen ihre Ruten über das Wasser.
Geduld, Routine und ein Hauch Chaos über dem Wasser

Zucker, Makrele, Menschenflut – willkommen im echten Istanbul

Direkt hinter der Brücke beginnt der Markt. Es riecht nach Fisch, Meer, Grill, Zucker, Sonnencreme und „zu viele Leute auf zu wenig Quadratmetern“. Pius ließ sich davon nicht im Geringsten irritieren und griff erstmal zu etwas Süßem: Lokma – kleine frittierte Zuckerkugeln, die aussehen wie harmlose Teigbällchen, aber geschmacklich die direkte Abkürzung ins Zuckerkoma sind.

Pius probiert süße Lokma am Markt hinter der Galatabrücke in Istanbul
Ein spontaner süßer Stopp am Markt direkt hinter der Galatabrücke

Und weil unser Tag ohnehin ein kulinarisches Großprojekt war, probierten wir natürlich auch Balık Ekmek – das berühmte „Fischbrötchen von Istanbul“. Ein halbes Weißbrot, vollgestopft mit gegrillter Makrele und einem Berg Zwiebeln. Geschmacklich irgendwo zwischen „frisch gefangen“ und „ich hab jetzt drei Stunden Fischfahne, aber es war’s wert“.

Gut gestärkt – oder sagen wir: deutlich über der empfohlenen Tagesdosis an Eindrücken und Kalorien – machten wir uns anschließend auf den Weg zur Hagia Sophia. Natürlich wieder im Schatten von Moscheen. Es sind viele. Wirklich viele.

Ein Buch aus Stein, eine vergessene Moschee und der Weg ins Basar-Universum

Auf dem Weg Richtung Großer Basar liefen wir weiter die Uferpromenade entlang – und plötzlich stand da ein riesiges aufgeschlagenes Steinbuch mitten im Park. Kein Witz: ein Marmormonument in Buchform, sauber behauen, ordentlich beschriftet, halb Museumsexponat, halb Outdoor-Lesestunde. Pius war sofort Feuer und Flamme und versuchte, sich an der zweisprachigen Inschrift zu versuchen. Türkisch? Englisch? Egal – Hauptsache, er konnte darin herumstochern wie in einem XXL-Lehrbuch.

Pius liest in ein großes steinernes Buch mit Inschriften vor einer historischen Moschee in Istanbul
Ein neugieriger Moment vor der Ahi-Celebi-Moschee

Das steinerne Buch gehört zur Ahi-Celebi-Moschee, einer kleinen historischen Moschee aus dem späten 15. Jahrhundert, die man im Eifer des Istanbul-Gewusels leicht übersieht. Der Legende nach soll der berühmte Reiseschriftsteller Evliya Çelebi hier den Propheten im Traum gesehen haben – und sich dabei prompt versprochen haben: Statt um Fürsprache („şefaat“) bat er versehentlich um eine Reise („seyahat“). Wer Istanbul kennt, wundert sich nicht: Diese Stadt fordert förmlich, dass man sich verläuft, weiterläuft und wieder etwas Neues entdeckt.

Für uns war es jedenfalls der perfekte Mini-Zwischenstopp, bevor es weiter bergauf Richtung Basar und Hagia Sophia ging.

Der Einstieg in den Großen Basar war erstaunlich ruhig – ein Seiteneingang, fast leer, fast idyllisch. Ein kurzer Moment, in dem man denken könnte: „Ach, Istanbul, das geht ja ganz entspannt.“

Dieser Gedanke hielt ungefähr dreißeinhalb Sekunden.

Zwischen Lichtern, Läden und dichtem Gedränge
Menschenmengen in einer engen, bunten Basargasse in Istanbul

Denn kaum zwei Gassen weiter öffnete sich das volle, bunte, duftende, süßlich gewürzte Basar-Universum, in dem alles gleichzeitig passiert: Händler rufen, Gewürze duften, Menschen schieben, Lokums kleben, Stoffe glitzern, und irgendein Granatapfel rollt immer irgendwo über den Boden.

Aromen und Farben im Herzen des Basars
Offene Säcke mit bunten Gewürzen auf einem Markt in Istanbul

Wir ließen uns also mit der Masse mitschwemmen – wie ein Stück Treibholz im Menschenfluss – und während Pius das alles herrlich fand, hatte ich innerlich schon wieder meinen klassischen Satz auf den Lippen: „Viele Menschen auf sehr wenig Platz… mein persönlicher Endgegner.“

Aber was soll’s. Istanbul ist halt keine Kleinstadt, und der Große Basar macht da keine Ausnahme.

Istanbuls monumentalstes Duo

Nach einigen Kurven, Gängen und Überlebensmanövern erreichten wir schließlich unser Ziel: die Hagia Sophia. Nein, wir sind nicht hineingegangen – die Schlangen waren episch und der Blutzuckerspiegel vermutlich schon wieder kritisch. Aber wir standen direkt davor, in echt, und das zählt.

Gleich gegenüber: die Sultan-Ahmed-Moschee, besser bekannt als die Blaue Moschee. Und die wirkt schon von außen überragend – ein Gebäude, das so elegant und gleichzeitig so monumental dasteht, als hätte es jemand absichtlich für Postkarten, Reiseführer und Instagram entworfen.

Ein Moment zum Durchatmen – zumindest bis der nächste Menschenstrom uns wieder aufschnappte.

Hagia Sophia in Istanbul, gesehen vom Park aus mit Brunnen und Besuchern im Vordergrund
Ein Blick über den Park zur Hagia Sophia
Die Blaue Moschee in Istanbul mit Menschenmengen auf dem Vorplatz
Lebendiges Treiben vor der Blauen Moschee
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Hagia Sophia & Blaue Moschee – ein kurzer Überblick

Hagia Sophia (Ayasofya Camii)

  • Ursprünglich 537 n. Chr. als Kirche erbaut, später Moschee, dann Museum – und seit 2020 wieder Moschee.
  • Architektonisches Weltwunder: eine gewaltige Kuppel (31 m Durchmesser), filigrane Minarette und ein Innenraum, der selbst in Fotos gigantisch wirkt.
  • Der Eintritt ist seit der Rückumwandlung in eine Moschee kostenlos – allerdings oft mit sehr langen Wartezeiten. Besucher sollten auf Kleidungsvorschriften achten Schultern/Beine bedeckt, Kopftuch für Frauen).

Blaue Moschee (Sultan-Ahmed-Moschee)

  • Direkt gegenüber der Hagia Sophia – quasi architektonische Nachbarschaft auf Weltniveau.
  • Berühmt für ihre rund 20.000 blau schimmernden Fliesen, die der Moschee ihren Namen gaben.
  • Wahrzeichen der frühen osmanischen Architektur, 1616 fertiggestellt.
  • Eintritt kostenlos, aber ebenfalls lange Schlangen und Gebetszeiten beachten.

Tipp:

Wer beide Monumente in Ruhe sehen möchte, kommt am besten frühmorgens oder spätabends – dann ist der Sultanahmet-Platz schön beleuchtet und erstaunlich entspannt. Unter der Woche geht’s ebenfalls deutlich ruhiger zu. Am Wochenende dagegen herrscht hier der „Großfamilien-und-Touristengipfel“ – charmant, aber garantiert nichts für Menschen, die persönliche Bewegungsfreiheit schätzen.

Nach unserem Basar-Abenteuer und der Hagia-Sophia-Runde waren unsere Akkus zwar leer, aber der Tag noch lange nicht vorbei. Es war mittlerweile kurz vor 19 Uhr, die Sonne senkte sich langsam hinter die Dächer Istanbuls, und wir machten uns zu Fuß auf den Rückweg – über die Galatabrücke, die wir am Nachmittag noch mit dem Bus überquert hatten.

Der Unterschied: Tagsüber quirlig, abends absolut irre. Die Brücke war voll mit Anglern, Jugendlichen, Spaziergängern, Schnell-Essern, Langsam-Latschern und Straßenverkäufern, die gefühlt alle gleichzeitig etwas anderes wollten – ein typisches Istanbul-Bild, das man nur lieben oder schnellstmöglich verlassen kann. Wir entschieden uns für: weiterlaufen.

Aufstieg ins Menschenmeer: Richtung Taksim-Platz

Menschenmassen auf der Istiklal-Straße in Istanbul am frühen Abend
Die berühmte Einkaufsstraße zeigt sich im typischen Istanbul-Gewusel.

Die Einkaufsstraße hoch Richtung Taksim-Platz war dann endgültig der Beweis, dass Istanbul nicht schläft – und wenn doch, dann sicher nicht am Sonntagabend. Menschen über Menschen. Es fühlte sich ein wenig so an, als hätte jemand ganz Istanbul aus Versehen in eine Fußgängerzone teleportiert, ohne vorher die Kapazitätsgrenzen zu prüfen.

Trotzdem: Beeindruckend war es – dieses wilde, chaotische, laute Leben einer Metropole, die immer auf 120 % läuft.

Taksim-Platz, Abendstimmung und ein Döner für Pius

Am Taksim-Platz angekommen, begrüßte uns die mächtige Taksim-Moschee im Abendlicht. Der Platz war voll mit Taxis, hupenden Autos, Straßenverkäufern und Touristen – ein chaotisches Wimmelbild, aber in schön.

Taksim-Moschee im warmen Abendlicht mit beleuchteten Minaretten und lebendigem Platz davor
Die moderne Moschee am Taksim-Platz, deren erleuchtete Kuppeln den Platz nach Sonnenuntergang dominieren.

Die Taksim-Moschee selbst ist übrigens noch ein recht junges Wahrzeichen: Erst 2021 eröffnet, wirkt sie wie eine moderne Hommage an die großen osmanischen Bauwerke der Stadt. Abends leuchtet sie so eindrucksvoll über den Platz, dass man kurz vergisst, wie neu sie eigentlich ist – ein Gebäude, das sich innerhalb kürzester Zeit fühlt, als wäre es schon immer Teil des Istanbuler Stadtbilds gewesen.

Pius bekam dort noch einen Döner als „kleine Stärkung“ (für dessen Existenz er vermutlich sofort einen Orden vergeben würde). Und wir sahen die nostalgische rote Straßenbahn, die sich wie ein zu spät eingeschicktes Requisit aus einem historischen Film mühsam durch die Menschenmassen schob.

Nostalgische rote Straßenbahn der Istiklal Caddesi in Istanbul, voller Menschen im Abendlicht vor dem Taksim-Platz.
Eine historische Tram im Herzen Istanbuls
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Miniwissen zur Tünel-Bahn

Die rote Nostalgie-Straßenbahn, die heute auf der Istiklal Caddesi pendelt, ist nicht nur ein hübsches Fotomotiv, sondern ein Stück echte Istanbuler Stadtgeschichte. Die ersten elektrischen Straßenbahnen fuhren hier bereits 1914, doch in den 1960er-Jahren wurde der gesamte Straßenbahnbetrieb eingestellt, weil man glaubte, Autos seien die Zukunft.

Erst 1990 kehrte die Tram – in ihrer heutigen nostalgischen Form – als eine Art „bewegendes Museum“ zurück. Seitdem fährt sie wieder die 1,6 Kilometer lange Strecke zwischen Tünel und Taksim-Platz, rattert gemütlich durch das Menschengewirr und hält dabei stur an Traditionen fest: Holz, Messing, alte Schalter, viel Geklingel.

Für viele Istanbuler ist sie weniger Verkehrsmittel als lebendiger Erinnerungsspeicher. Für Besucher ist sie ein fotografisches Pflichtmotiv, und für alle Kinder, die auf der Stoßstange mitfahren möchten (was offiziell „yasak ve tehlikelidir“ – verboten und gefährlich – ist), eine Mischung aus Abenteuer und Ermahnung von Mama.

Kurz gesagt: Eine kleine Zeitreise auf Schienen – mitten im größten Trubel der Stadt.

Weiterlaufen, Essen Nr. 27 und eine Begegnung

Unser Weg führte uns noch ein Stück weiter – vorbei an hell erleuchteten Schaufenstern, Straßenhändlern und dem, was Istanbul nach Sonnenuntergang eben ausmacht.

Irgendwann lächelte mich die Auslage eines kleinen Imbisses an – Beyoğlu Halk Döner. Ich schaute zu meinem Sohn rüber und fragte: „Hast du Lust? Wollen wir was essen?“ Die Antwort kam ohne eine Millisekunde Bedenkzeit: „Ja klar!“ Bei Essen ist Pius immer dabei. Und nach einem Döner noch ein kleines, deftiges „Dessert“? Da sagt er nie nein.

Also gingen wir rein – und die Antwort, ob das wirklich eine gute Idee war, bekam ich, als ich die Verpackung öffnete. Drin lag Etli Elbasan, ein albanisch-türkisches Ofengericht, das aussieht wie die schwere Cousine von Moussaka: unten kleine, geschmorte Fleischstückchen, dazwischen Auberginen, Paprika, Zwiebeln, eingebettet in einer cremigen, mehlgebundenen Sauce wie eine rustikale Bechamel. Oben drauf eine goldbraun überbackene Käseschicht, die so appetitlich roch, dass man glauben könnte, sie würde gleich sprechen.

Etli Elbasan Tava auf einem weißen Teller in einem Restaurant in Istanbul
Herzhafter Auflauf als Tagesabschluss in Istanbul

Der Duft war himmlisch – warm, würzig, herzhaft. Der Anblick hingegen: sagen wir, eher in der Kategorie „schmeckt besser, als es aussieht“. Meine Augen waren eindeutig größer als mein Magen. Ich nahm zwei, drei Gabeln – und war dann sofort satt. Der Tag, die Kilometer, die Eindrücke: einmal Überlastmeldung im System.

Pius hingegen? Null Problem. Er aß seine Portion tapfer und komplett auf, als wäre das die natürlichste Sache der Welt. Meinen Rest ließen wir einpacken und nahmen ihn mit – geteiltes Essen ist schließlich halbes Essen.

Draußen sprach uns ein Mann an – derselbe, der uns schon vorher angesprochen hatte. Diesmal war klar, was er wollte: Er hatte einfach Hunger. Wir gaben ihm das Essen, er bedankte sich mehrfach, und irgendwie war das ein ruhiger, bodenständiger Moment inmitten des lauten Großstadtchaos.

Die nicht so schönen Seiten einer Großstadt

Kurz danach liefen wir an einer Frau vorbei, die auf dem Gehweg lag – mit einem Baby. Ein Bild, das einem ins Mark geht, egal wie viel man schon gesehen hat. Istanbul ist eben nicht nur Postkartenansicht und Streetfood-Paradies, sondern hat, wie jede Millionenstadt, seine tragischen Schattenseiten.

Pius streikt – Uber rettet

Der weitere Fußmarsch zog sich. Pius erklärte irgendwann kategorisch: „Ich laufe keinen Meter mehr.“ Ich versuchte zu motivieren, aber seine Beine hatten sich innerlich bereits in Beton verwandelt. Also bestellte ich ein Uber – der letzte Rettungsanker.

Die restlichen 3,6 Kilometer fuhren wir also für 200 TL (etwas teurer als die 7-Kilometer-Tour am Morgen für ca. 270 TL – Istanbul-Preislogik eben). Bei der Tankstelle, an der wir ausstiegen, erkannte mich der Verkäufer direkt wieder und lächelte breit. Seine etwa 11-jährige Tochter stand daneben und machte offenbar ein „Abendpraktikum“, wie man es in Deutschland niemals sehen würde. Beide herzlich, beide wach – Istanbul eben.

Ankunft am Camper – und der Himmel öffnet sich

Zurück am Camper – unversehrt, als wäre nie etwas gewesen. Wir waren gefühlt 15 Kilometer gelaufen (wahrscheinlich mehr), die Beine glühten wie Heizspiralen und kaum hatten wir die Türen geschlossen, begann der Regen. In der Nacht dann Gewitter.

Aber egal: Wir waren platt, satt, überwältigt und voller Eindrücke, die erst einmal sortiert werden mussten. Istanbul hatte uns an diesem Tag komplett eingesogen – und am Ende wieder ausgespuckt. Wir fielen ins Bett wie zwei Steine und waren sofort weg.

Hier erfährst du, wie unsere große Reise überhaupt begonnen hat – mit zwei Rehen auf der Autobahn, den ersten Kilometern Richtung Osten und dem Sprung über die europäische Grenze nach Polen: Beginn unserer Osteuropa-Tour.

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Ausflugstipps rund um den Bosporus – für neugierige Füße

Istanbul hat ungefähr so viele Sehenswürdigkeiten wie die Galatabrücke Angler – also unendlich. Nach einem Tag, an dem wir gefühlt halb Asien und Europa abgelaufen sind, hätten wir locker noch fünf weitere Programme dranhängen können. Wenn du also nach einem Tag „15 Kilometer Sightseeing mit leichter Überhitzung“ noch Energie übrig hast, kommen hier ein paar Tipps, die dir Istanbul aus einer anderen, etwas entspannteren Perspektive zeigen.

1. Üsküdar – Sonnenuntergang zum Niederknien

Einfach auf die Fähre steigen (kostet fast nichts, dauert knapp 10 Minuten) und rüber auf die asiatische Seite.
Dort kannst du dich ans Wasser setzen, Tee trinken, Möwen beobachten und so tun, als wärst du ein Einheimischer, der beruflich kontempliert.
Tipp: Der Sonnenuntergang hinter der europäischen Skyline ist ein völlig unterschätztes Kinoerlebnis – Live-Soundtrack inklusive Schiffsgehupe.

2. Pierre-Loti-Hügel – Istanbul ohne Muskelkater

Wenn du nach Tag 2 das Gefühl hast, deine Beine hätten eine eigene Netflix-Serie verdient, dann ist das hier dein Spot. Mit der Seilbahn hochschweben, Tee im Schatten trinken und runter auf das goldene Horn schauen.
Ein bisschen kitschig, aber wunderschön – und keine zehn Prozent Steigung, versprochen.

3. Ortaköy – Waffeln, Moschee und Bosporus in einem Bild

Ortaköy ist das, was Instagram wollte, bevor Instagram wusste, was es will.
Moschee im Vordergrund, Brücke dahinter, Straßenstände mit Waffeln, die aussehen wie ein dekorierter Zuckerschock auf vier Rädern.

4. Dolmabahçe-Gärten – Ruhe im Chaos

Falls dir irgendwann die Geräuschkulisse Istanbuls zu sehr nach „Großstadt im Fortissimo“ klingt, setz dich in die Gärten des Dolmabahçe-Palasts. Schattig, grün, entspannend – eine Art Reset-Knopf für überreizte Camper-Gehirne.

Geheimtipp: Nimm die Waffel ohne Reue. Du läufst das später sowieso wieder ab.


5. Eminönü – die Welt in drei Straßen

Ja, hier ist es voll. Und ja, hier wirst du vermutlich wieder Hunger bekommen, denn irgendwo duftet immer etwas.
Aber dieser Mix aus Wasser, Menschen, Möwen und alten Dampfern ist pure Istanbul-Essenz.

Unvermeidbar: Irgendjemand wird dir Fischbrötchen andrehen. Die Chance, dass es gut ist: 50/50.
Die Chance, dass du es trotzdem kaufst: 100%.

Istanbul für Neugierige: 5 Dinge, die du nicht tun solltest

Damit du dir ein paar Nerven sparst, hier unsere persönlichen „Lass es lieber“-Tipps

1. Versuche nicht, Bushaltestellen auf gut Glück zu finden

Sie können da sein, wo du bist – oder 300 Meter weiter, oder in einem Paralleluniversum.

2. Gehe nicht davon aus, dass Parkplätze frei sind

Wenn ein Parkplatz frei ist, hat er entweder gerade eine Baustelle – oder er ist nicht kostenlos.
(Manchmal aber doch. Istanbul hat Humor.)

3. Verlasse dich nicht auf Google Maps bei Steigungen

Verlasse dich nicht auf Google Maps bei Steigungen.
Wenn Google sagt „leicht hügelig“, meint es: Bring Wasser mit. Viel.

4. Unterschätze nicht die Portionen

Wenn es aussieht wie „ein kleiner Snack“, ist es eigentlich ein ausgewachsener Beilagenberg.

5. Glaube nicht, dass du nur ein Moschee-Foto machst

Es werden 20. Mindestens.


Camper-Realität in Istanbul – gut zu wissen

Wer mit dem Camper anreist, sollte drei Dinge wissen:

1. Moderne Wohnviertel sind deine Freunde

Kağıthane, Beylikdüzü, Büyükçekmece – überall moderne Bauten, sichere Umgebung, Menschen, die Camper völlig normal finden. In Kağıthane standen bei uns gleich mehrere Camper – alles easy.

2. Istanbul ist nichts für große Sprünge

Enge Straßen, Steigungen, Verkehr wie aus einem Computerspiel. Den Camper stehen lassen und Uber, Metrobüs, Fähren oder deine Füße benutzen – beste Entscheidung überhaupt

3. Wasser und Verpflegung? Kein Problem

Tankstellen sind gut ausgestattet, auch spätabends. Und du wirst sowieso mehr trinken als essen – außer dir passiert das, was uns passiert ist: Essen, Essen, Essen, Bosporus, Essen.


Weitere Infos: Visit Istanbul – die offizielle Tourismusseite der Stadt

hinterm horizont rechts

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