Diesel statt Frostbeulen – warum wir zwei Heizungen und trotzdem kalte Füße hatten
Es gibt Tage, an denen fühlt man sich wie in einem Film. Und zwar nicht, weil alles spektakulär ist – sondern weil sich einfach alles zum ersten Mal anfühlt. So ein Tag war das. Unsere ganz persönliche Premiere-Gala: Erste ICE-Fahrt, erstes Uber-Taxi, erstes Mal Camper abholen, erstes Mal mit knapp drei Metern Höhe an einem Einkaufszentrum scheitern, das erste Mal an der Donau schlafen – und, nicht zu vergessen, die erste künstliche Pflanze unseres Lebens. Ein echter Meilenstein.
Der Tag der Premieren
Los ging’s morgens in Leipzig – meine erste Fahrt mit dem ICE. Für viele Alltag, für mich: Abenteuer. Zugegeben, etwas unspektakulär. WLAN? Nicht wirklich. Strom? Fehlanzeige, jedenfalls an meinem Platz. Stecker rein, nichts passiert. Auf der anderen Seite des Tisches: das gleiche Spiel. Immerhin war der Zug pünktlich, der Sitzplatz reserviert, und wir hatten unsere eigene Reiseverpflegung dabei. Das Bordbistro hatte wohl irgendwelche Ausfälle – Kaffee gab’s jedenfalls keinen. Aber hey, man will ja auch nicht gleich verwöhnt werden bei der ersten Bahnfahrt, oder?
In München angekommen, gleich die nächste Premiere: Uber. App runtergeladen, Taxi bestellt – zack, war es da. Keine zehn Minuten später saßen wir drin, alles lief wie geschmiert. Allerdings werde ich seitdem im Nachgang mit Werbung überflutet. Trotzdem ist die App eine erstaunlich reibungslose Erfahrung.
Ziel der Fahrt: das VW-Autohaus. Und dann war es soweit – Übergabe unseres VW Grand California. Ein bisschen wie Weihnachten. Nur ohne Tannebaum, dafür mit Diesel. Frohen Mutes haben wir unseren rollenden Wal (wegen des voluminösen Hochdaches) in Empfang genommen. Innen leer, aber bereit, mit Leben – und Kissen – gefüllt zu werden.
Und wer mit einem fast leeren Camper loszieht, fährt natürlich… na klar, zu IKEA. Auch das: ein erstes Mal in dieser Kombi. Schnell noch ein paar Kissen in sanften Grün- und Türkistönen, eine runde Tischmatte und – unser persönliches Highlight – eine künstliche Pflanze. Warum künstlich? Weil sie keine Pflege braucht und trotzdem für ein bisschen Camper-Gemütlichkeit sorgt. Und weil echte Pflanzen im fahrenden Zuhause eine gewisse Abenteuerlust brauchen.


Eingekauft, spartanisch dekoriert, eingerichtet – jetzt aber raus aus der Stadt!
Kurzer Stopp gegenüber dem Kloster Weltenburg, direkt an der Donau, am Eingang zum Donaudurchbruch. Ein Ort mit Geschichte, Wucht und Fels. Diesmal nur ein Blick aus dem Seitenfenster – es war schon spät.
Weiter nach Kelheim. Die Donau begleitete uns im Dunkeln, während wir mit dem rollenden Wal in die Stadt tuckerten. Ein Supermarkt in der Stadt rettete uns noch mit dem Nötigsten (fast hätten wir die Höhenbegrenzung übersehen – Gruß an das Camperdach). Dann ab zum Stellplatz an der Schiffsanlegestelle. Dort parkten wir – dachten, wir seien direkt an der Donau.
Waren wir irgendwie auch. Aber erst am nächsten Morgen wurde klar: Wir standen oben auf dem offiziellen Parkplatz. Hätten wir in der Nacht einfach noch ein paar Meter weiter über den Damm geschaut – wir hätten Auge in Auge mit den Donauschiffen übernachten können. Unten, da wo später die Reisebusse Touristen verladen, direkt am Wasser, fast auf Tuchfühlung mit den Dampfern. In der Vorsaison hätte das sicher keiner krummgenommen.

Erste Fahrt, erster Frost
Aber gut, so war’s eben: spät angekommen, müde, hungrig, keine Lust mehr auf Platzsuche. Also blieb’s beim „oben parken – unten träumen“. Hauptsache Wasser in der Nähe, und irgendwann endlich Ruhe im Camper.
Abendessen, Aussicht, erste Campernacht.
Ich drücke auf den Heizungs-Knopf – und? Nichts. Null. Kein wohliges Brummen, kein warmes Lüftchen. Unsere Dieselheizung macht genau das, was man sich von ihr wünscht, wenn es draußen um die null Grad hat: gar nichts.
Zum Glück hat der Grand Cali zwei Heizungen – eine für den Wohnbereich, eine fürs Fahrerhaus. Also habe ich nachts alle paar Stunden die Standheizung im Cockpit angeworfen. Sozusagen im Schichtbetrieb. Der Frostschutzengel im Pyjama.
Frisch war’s trotzdem. Wir hatten zwar zwei Rucksäcke voll warmer Wolldecken dabei, aber ehrlich: Die waren eher Kuschelkategorie als Arktis-geeignet. Also haben wir in voller Montur geschlafen – Mütze, Jacke, alles an. Und trotzdem gezittert.
Natürlich haben wir erst mal versucht, das Problem zu lösen: Bedienungsanleitung gelesen, Knöpfe gedrückt, Sicherungen gesucht – sogar einen verzweifelten Anruf im Autohaus gestartet. Freitags, gegen 20 Uhr. Die Chancen standen irgendwo zwischen „niemand erreichbar“ und „warten Sie bis Montag“.

Irgendwann kam uns eine geniale Idee: Der Gaskocher! Kein Heizgerät, aber hey – Wärmequelle ist Wärmequelle. Also haben wir den Kocher angeschmissen und kurzzeitig tropisches Klima erzeugt. Nicht ganz TÜV-geprüft, aber wir leben noch. Und der Rollende Wal auch.
Ach ja, Ruhe? Naja, sagen wir mal: akustisch abwechslungsreich. Irgendwann in der Nacht wummerten plötzlich Balkanbeats über den Parkplatz – rhythmisch, laut, aber irgendwie auch lebensfroh. Eine Handvoll Jugendlicher teilte ihre Musik, vermutlich mit dem gesamten Donautal. Dazu ein bisschen Reifengequietsche und das obligatorische Herumkurven in elterlichen Kleinwagen – typische Freitagnacht-Rituale zwischen Landflucht und Langeweile.
War es still? Nein. War es störend? Nur kurz. War es authentisch? Absolut.
Fazit: Wer in Kelheim übernachtet, bekommt nicht nur Flussromantik und Schiffsverkehr, sondern gelegentlich auch einen akustischen Einblick in das örtliche Jugendleben. Für alle, die’s gerne lebendig mögen: ein echter Geheimtipp.
Die Wahrheit kommt ans Licht
Was war eigentlich mit der Heizung? Eine Werkstatt später wussten wir’s: Die Dieselheizung war beim Vorbesitzer – es war ja ein Jahreswagen – schon einmal ausgetauscht worden. Und zwar bei rund 200 Kilometern Laufleistung. Klingt nach Garantie? Ja. Klingt nach „funktioniert dann auch“? Leider nein.
Denn das verkaufende Autohaus hatte offenbar keine große Lust auf einen abschließenden Funktionstest. Die Heizung war schlicht falsch angeschlossen – elektrisch komplett vermurkst. Das Ding konnte gar nicht laufen. Hatte es wohl auch nie.
Rückblickend also logisch: Die Dieselheizung war praktisch jungfräulich. Unbenutzt. Noch nie warmgelaufen. Und das lässt nur einen Schluss zu: Unser Camper war bislang ein reines Sommerfahrzeug. Sobald’s kalt wurde, blieb er in der Garage – statt draußen Abenteuer zu erleben.
Fazit: Wir haben kein wintertaugliches Fahrzeug übernommen, sondern eher einen Sommerromantiker mit kalten Füßen. Gut, dass wir es ausprobiert haben. Nicht gut, dass es ausgerechnet in der ersten Nacht war.
Als das endlich repariert war – dachte ich –, wollte ich beim nächsten Mal das Wasser elektrisch aufheizen, ganz umweltfreundlich per Landstrom. Ging nicht. Antwort aus der Werkstatt: „Ja, Sie müssen erst die Dieselheizung starten – dann können Sie auf Strom umschalten.“
Aha. Logisch. Weil… warum einfach, wenn’s auch komplett unverständlich geht?
Fazit zum Heizungsproblem im Camper
Ich liebe unseren Camper. Wirklich. Aber manchmal habe ich das Gefühl, die Bedienungslogik wurde von einem Ingenieur entworfen, der nachts auf Diesel läuft und morgens manuell auf Strom umgestellt werden muss. Und das war nur der erste Tag.
Frühstück mit Heldenblick
Am nächsten Morgen dann die große Erkenntnis: Wir standen falsch. Also rollten wir noch ein paar Meter weiter – endlich auf den Platz, den wir eigentlich schon die ganze Nacht hätten haben wollen. Direkt an der Donau, Auge in Auge mit den Dampfern, mit Aussicht auf dieses monumentale Etwas da oben am Berg. Siegeshalle, Ruhmeshalle, Heldenhalle – keine Ahnung, jedenfalls groß, steinern und bestimmt sehr wichtig.

Wir hingegen saßen unten im Camper, frühstückten mit Blick auf Fluss, Felsen und defekter Heizung. Und dann? Heimweg. Premiere bestanden, Frostbeulen überlebt – und eine Geschichte mehr im Gepäck, die uns keiner nachmacht.
Rechts im Bild übrigens, auf der Frontscheibe: unser treuer Reisebegleiter Brunhilde – Seite 32 (im Stammbuch der Kuriositäten). Sie hat nicht nur einen Ehrenplatz im Camper, sondern auch schon mehr Kilometer gesehen als manch teurer Kompass. Ohne sie würden wir vermutlich immer noch im Kreis fahren.
Erste Reisebericht mit dem VW Grand California
Und das Ganze war ja nicht irgendeine Fahrt, sondern die allererste mit unserem frisch gekauften VW Grand California. Keine zwei Wochen vorher stand er noch beim Händler, wir haben ihn quasi direkt aus dem Showroom auf die Straße gezerrt. Jungfernfahrt deluxe – und sofort mit einem kaputten Heizungsritual eingeweiht. Wer braucht schon Bedienungsanleitungen, wenn man gleich die Extrem-Variante testen kann?
Damit war es offiziell: unser erster Roadtrip, unser erster Reisebericht im neuen Camper. Ein frostiger Auftakt, ein Platz mit Heldenblick und eine Henne namens Brunhilde – Seite 32 (Wie das Huhn zu seinem Namen kam, werdet ihr in einem anderen Reisebericht erfahren) – klingt fast nach einem Märchen, nur dass es keiner erfunden hat.

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