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Von Rumänien in die Türkei – einmal quer durch Bulgarien

Morgenstimmung an der Donau

Nach einer erholsamen Nacht an der Donau bei Maglavit starteten wir in den Tag wie gewohnt mit unserem kleinen Camper Ritual: einmal die Morgendusche, ein Frühstückskaffee und schon fühlte sich die Welt wieder nach Abenteuer an. Die Sonne schob sich golden über die Donau, die Vögel zwitscherten ihr Morgenprogramm, und wir öffneten die Campingtür mit dem beruhigenden Gefühl: ‚Ja, genau deshalb machen wir das hier.

Camper steht einsam unter einem Baum am Ufer der Donau bei Maglavit
Stillstand am Ufer – Natur pur mit Blick auf die Donau – bevor es mit dem Camper von Rumänien in die Türkei geht

Unser Plan für den Tag war klar und ambitioniert: ein klassischer On-the-Road-Tag. Mit dem Camper von Rumänien in die Türkei. Ein Roadtripp von knapp 550 Kilometer lagen vor uns, Ziel irgendwo kurz hinter der Grenze Bulgarien–Türkei, bei Edirne. Google versprach uns eine Fahrzeit von exakt 7 Stunden und 16 Minuten. Wir grinsten uns nur an – denn jeder, der schon mal mit einem Camper unterwegs war, weiß: Google rechnet in Pkw-Zeit, nicht in „Wir-schieben-einen-vollgeladenen-Camper-den-Berg-hoch“-Zeit. Also: 7 Stunden 16 Minuten? Klar, vielleicht in der Theorie. In der Praxis rechnet man besser gleich ein paar Extrastunden ein.

Mit bestem Wetter im Rücken, einem Camper voller Vorfreude und einer Prise Sarkasmus im Gepäck ging es also los in Richtung Bulgarien – ein Tag, der nicht nach Urlaub aussah, sondern nach Kilometerfressen. Aber manchmal ist genau das Teil des Abenteuers.

Bevor wir die Grenze bei Calafat erreichten, legten wir noch einen Tankstellenstopp ein – frischer Kaffee für mich, kalte Getränke für unterwegs, man gönnt sich ja sonst nichts. Kaum hatte ich eingeparkt, sah uns ein Polizist und dachte sich wohl: „Wenn die schon freiwillig anhalten, kann ich ja auch gleich mal meinen Stempel draufdrücken.“ Also gab’s statt Kaffee erstmal den Papiercheck: Ausweise, Fahrzeugpapiere, ein Blick, ein Nicken – fertig. Freundlich war’s, flott ging’s auch. Nur der Kaffee musste eben warten, und wer mich kennt, weiß: Das ist eigentlich die härteste Kontrolle von allen.

Neugierig, wie wir überhaupt hierher gekommen sind? Dann ab zum [CamperRoadTrip durch Osteuropa und den Balkan] – mit allen Reiseberichten von Polen über Rumänien bis in die Türkei – die ganze Reise im Schnelldurchlauf.

Über die Europabrücke nach Bulgarien

Wenig später passierten wir die Grenze von Rumänien nach Bulgarien und überquerten die Europabrücke bei Calafat–Vidin. Fast zwei Kilometer Asphalt über die Donau – und trotzdem ist man schneller drüben, als man denkt. Mit dem Camper rollt man einmal über die Brücke, und schon beginnt Bulgarien. Für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen kostet der Spaß sechs Euro – und die sind gut investiert. Denn außer dieser Brücke gibt es nur noch die alte Giurgiu–Ruse-Brücke bei Bukarest. Der Rest? Fähren.

Luftaufnahme Europabrücke Calafat–Vidin über die Donau
Verbindung zwischen Rumänien und Bulgarien
Europabrücke Calafat–Vidin über die Donau
Verbindung zwischen Rumänien und Bulgarien

Und Fähren haben ihren ganz eigenen Humor. Vor gut zwanzig Jahren stand ich nachts um Mitternacht an so einem Übergang, damals unterwegs nach Griechenland. Die Grenzer versicherten mir: „Fünf Minuten noch.“ Zwei Stunden später hieß es immer noch: „Fünf Minuten.“ Abgelegt hat die Fähre dann irgendwann gegen sieben Uhr morgens. Fünf rumänische Minuten können also locker eine halbe Nacht dauern.

Heute läuft das deutlich entspannter: Schranke auf, sechs Euro rüber, einmal freundlich winken – und schon rollt man weiter nach Bulgarien. Kein Vergleich zu damals.

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👉 Hinweis am Wegesrand

Kosten für die Überfahrt Europabrücke bei Calafat–Vidin(einfach)

Stand 2025

  • Pkw / Camper bis 3,5 t: 6 € (12 BGN)
  • Camper / Busse / Lkw 3,5–7,5 t: 12 € (23 BGN)
  • Fahrzeuge 7,5–12 t: 18 € (35 BGN)
  • Fahrzeuge über 12 t mit bis zu 3 Achsen / große Busse: 25 € (49 BGN)
  • Fahrzeuge über 12 t mit 4+ Achsen: 37 € (72 BGN)

Offizielle Website der Vidin-Calafat-Brücke (englisch)

Unnützes Wissen zur Brücke

  • Bauzeit: 6 Jahre (2007–2013)
  • Kosten: ca. 226 Millionen Euro (inkl. Infrastruktur)
  • Brückentyp: sogenannter extradosed bridge – eine Mischform aus Hänge/Stahlkabelbrücke und anderen Brückentypen

Bulgarien empfängt uns ehrlich

Wir entschieden uns nicht für die große Europastraße E79, sondern fuhren über die 11 und später die 112 in Richtung Montana. Die Strecke: durchgehend Landstraße, geradeaus, endlos, wie hier bei Smirnensky – ein Asphaltband, das sich schnurgerade seinen Weg zum Horizont sucht. Kein Highspeed, aber angenehm zu fahren und immerhin so glatt, dass selbst der Kaffee im Becher blieb – mittlerweile allerdings kalt..

Gerade Landstraße Richtung Montana in Bulgarien
Unterwegs mit dem Camper quer durch Bulgarien auf der 112

Auffällig waren die ersten Kilometer nach der Grenze: verfallene Industrieanlagen, leere Hallen, marode Häuser und gleich mehrere Polizeikontrollen am Straßenrand. Bulgarien präsentierte sich hier nicht von seiner Schokoladenseite – und man merkt sofort, dass das Land innerhalb der EU noch einen langen Weg vor sich hat. Bulgarien ist das ärmste EU-Mitglied. Wer hier die Grenze überquert, versteht sehr schnell, dass die Statistik ist kein Zahlenspiel, sondern Realität.

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👉 Hinweis am Wegesrand

Tankstopp in Bulgarien Petrol AD Bulgaria größter Tankstellenketten in Bulgarien

  • Datum: 14.08.2025, vormittags
  • Ort: Petrol Tankstelle (zwischen Vidin und Montana)
  • Getankt: 55,76 Liter Diesel
  • Kosten: 141,07 BGN = 73,69 €
  • Literpreis: 1,29 €/L

In Bulgarien lacht das Camper-Herz – während man in Deutschland für den Preis fast nur den halben Tank füllt, reicht’s hier für eine volle Ladung. Und das Beste: Die nächste Tankstelle ist in der Türkei. Da wird’s so günstig, dass man nicht nur tankt, sondern fast noch eine kleine Feier dranhängen möchte.

Stopp in Montana – Wasser & Sterneküche im Plastikschälchen

In Montana steuerten wir schließlich das Kaufland an. Unser Ziel: Wasser – denn der Tank im Camper war fast leer, was weniger an Bulgarien lag als an meiner Vergesslichkeit in Rumänien. Also wanderten vier 10-Liter-Wasserbehälter plus Dinge des täglichen Bedarfs in den Einkaufswagen – und ganz wichtig: ein Trichter.

Ohne den wären wir ziemlich aufgeschmissen gewesen. Direkt aus so einem 10-Liter-Behälter in den Einfüllstutzen zu zielen, das wird nichts. Also haben wir improvisiert: ein kurzes Stück Schlauch, oben drauf den Trichter – und dann das Wasser langsam eingegossen. Behälter hoch, rein damit, und der Tank füllte sich gemächlich. Nicht elegant, aber funktional.

Und weil Einkaufen hungrig macht, nahmen wir uns auch noch was warmes vom Imbiss mit. Pius entschied sich für zwei Spieße und eine Bulette, während ich mich für einen Auflauf mit Kartoffeln, Gemüse, Kassler und Käse überbacken plus eine Bulette entschied. Zusammen kostete das Ganze 17,30 Lewa – umgerechnet 8,90 Euro. Kein Sterne-Menü, aber für den Preis unschlagbar: satt, warm und überraschend lecker. Sterneküche im Plastikschälchen eben.

Straßenessen in Montana in Bulgarien
Sterneküche im Plastikschälchen

Kleines Drama am Wassertankdeckel

Ein kleines Drama gab es beim Befüllen des Wassertanks. Beim Öffnen der Schiebetür machte es krrk! – die Abdeckung des Wassertankdeckels hatte sich verabschiedet. Eine klassische VW Grand-California-Falle: Wer den Einfüllstutzen so konstruiert hat, dass er mit der Tür kollidiert, hat vermutlich noch nie selbst Wasser nachgefüllt. Ein paar Zentimeter Tür auf – alles gut. Tür ganz auf – Deckel kaputt. Zum Glück war Pius vorsichtig, sonst hätten wir das Teil endgültig irgendwo in Montana gelassen.

Improvisation ist alles: Panzer-Tape raus, Deckel provisorisch fixiert – hält locker zehn Jahre. Ersatz kommt später, aber unterwegs reicht’s. Wieder mal der Beweis: Der Grand California braucht neben Diesel und Panzertape auch Humor im Gepäck.

Mit Gaffa-Tape reparierter Wassertankdeckel am Camper
Improvisation mit Gaffa-Tape

Über den Petrohan-Pass

Von Montana aus ging es weiter auf die 81, vorbei am Ogosta-Stausee und hinein ins Balkangebirge. Kurvig zog sich die Straße durchs Gebirge, durch dichte Wälder und mit Serpentinen, die den Camper ordentlich arbeiten ließen. Mit jedem Höhenmeter wurde es kühler – der Motor schnaufte, wir grinsten. Schließlich führt die Strecke über den Petrohan-Pass auf 1.444 Meter Höhe.

Unterwegs entdeckten wir eine Quelle, an der auch die Einheimischen fleißig Wasser zapften. Für uns die perfekte Gelegenheit: Unser 100-Liter-Tank war noch nicht ganz voll, also ließen wir ihn bis oben hin auffüllen und nutzten unsere beiden 10-Liter-Behälter gleich mit. So waren nicht nur Tank und Reserve randvoll, sondern wir hatten auch die Gewissheit, dass wir für die nächsten Tage bestens gerüstet waren.

Frisches Wasser aus einer Quelle in Bulgarien
Camperfreundliches Frischwasser
Wasser in eine Plastikflasche aus einer Gebirgsquelle füllen
Frisches Quellwasser direkt aus dem Rohr
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👉 Hinweis am Wegesrand

Petrohan-Pass (1.444 m Höhe)

  • Historisch einer der ältesten Übergänge durch das Balkangebirge, schon von Römern und Osmanen genutzt.
  • Verbindet Montana im Norden mit Sofia im Süden – bis heute eine der wichtigsten Nord-Süd-Routen.
  • Startpunkt für Wanderungen in die Stara Planina mit dichten Wäldern und weiten Ausblicken.
  • Im Winter oft schneereich – kleine Skigebiete in der Umgebung laden zum Skifahren ein.
  • Unterwegs finden sich Quellen mit frischem Gebirgswasser – ideal zum Auffüllen von Flaschen, Kanistern oder dem Camper-Tank.
  • Motorradfahrer lieben die Serpentinen, Lkw-Fahrer eher weniger.

Durch Sofia Richtung Grenze

Nach dem Petrohan-Pass ging es bergab Richtung Sofia. Online hatten wir uns noch die bulgarische Maut besorgt – eine Wochenvignette für 15 Lewa (ca. 7,70 €), gültig für sieben Tage. Die Hauptstadt selbst präsentierte sich modern und lebendig: neue Gebäude, viel Grün, historische Ecken neben trendigen Vierteln. Doch unser Ziel war nicht Sofia, sondern der Grenzübergang in die Türkei. Also fuhren wir weiter – durch eine überraschend schöne Landschaft, die uns nach den grauen Eindrücken im Norden Bulgariens fast ein bisschen versöhnte.

Weit hinter Sofia legten wir dann noch einen Stopp bei der „Goldenen Möwe“ ein – auf ausdrücklichen Wunsch eines einzelnen Herrn.

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👉 Hinweis am Wegesrand

Vignette in Bulgarien

  • In Bulgarien ist die e-Vignette Pflicht für Fahrzeuge bis 3,5 t – Wochen-, Monats- oder Jahresvignetten erhältlich (online oder vor Ort via BGTOLL).
  • Wohnmobile über 3,5 t und Lkw zahlen eine streckenabhängige Maut; achte auf Achszahl & Emissionsklasse.

BGTOLL – Offizielle e-Vignette Bulgarien

Grenzübergang Kapitan Andreevo – Kapıkule

Am späten Abend erreichten wir schließlich den Grenzübergang Kapitan Andreevo – Kapıkule, den größten und meistfrequentierten Übergang zwischen Bulgarien und der Türkei. Zwei Stunden dauerte das ganze Prozedere – mehrere Kontrollen, Türen auf, Türen zu, neugierige Blicke ins Bad, ein kurzer Stopp bei der Heckklappe. Der Beamte entdeckte noch den Sender der Drohne, ließ sich das Gerät zeigen, nickte dann ab: „Kleine Drohne, kein Problem.“

Alt-Text: Autoschlange am Grenzübergang Bulgarien–Türkei
Warteschlange bei Nacht

Gelassenheit auf Samtpfoten

Alles in Ordnung also – und trotzdem ein ziemlicher Kraftakt nach einem ganzen Tag auf den Rädern. Zwischen all dem Trubel sorgten die Katzen am Grenzübergang für Gelassenheit: Sie lagen an den unmöglichsten Stellen herum, schliefen auf Fensterbrettern oder balancierten seelenruhig zwischen Schranken, Fahrzeugen und Grenzbeamten. Offenbar sind sie die eigentlichen Herrscher dieses Grenzpostens.

Endlich Türkei

Es war längst Mitternacht, als wir endlich durch waren. Pius schlief schon tief und fest, während ich mir die Ohrstöpsel reindrückte und den Tag im Camper ausklingen ließ. Nach Bohnenfrühstück und Donauidylle in Rumänien gestartet, dann einmal quer durch Bulgarien gerollt – und nun, nach über 550 Kilometern, endlich Türkei! Unser Ziel war erreicht. Doch die nächste Herausforderung – ob unser Tempo wirklich autobahntauglich ist, das wird sich am morgigen Tag zeigen.

Doch die Reise ging natürlich weiter: Am nächsten Tag starteten wir in Edirne und rollten über Lüleburgaz bis nach Tekirdağ – mit allerlei Erlebnissen zwischen HGS-Vignette, Restaurantbesuch und Meer. → [Mit dem Camper durch die Türkei: Edirne → Lüleburgaz → Tekirdağ]

Alle Teile unseres Rumänien-Roadtrips mit dem Camper

hinterm horizont rechts

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